rbb PRAXIS, 30. März 2011
Beitrag rbb PRAXIS, Rundfunk Berlin Brandenburg
Vieles baut sich im Alter ab, auch die Muskeln. Die Folge: Ältere Menschen haben weniger Muskelkraft; sie stürzen schneller. Die rbb PRAXIS gibt Beispiele, wie man mit Bewegung und Ernährung auch im Alter wieder Muskeln aufbauen kann.
Dass die Muskulatur im Alter abnimmt, ist ein normaler Vorgang. Ab dem fünfzigsten Lebensjahr verliert der Mensch jedes Jahr durchschnittlich ein bis zwei Prozent seiner Muskelmasse. Ein 70-jähriger kann so im Laufe der Jahre bis zu einem Drittel seiner Muskelmasse eingebüßt haben. Nimmt neben der Masse auch die Funktionsfähigkeit der Muskeln ab, spricht man von Sarkopenie. Die Folge: Osteoporose - Knochenschwund, der zu Wirbelbrüchen führt. Die Ursache für altersbedingten Knochenschwund liegt in einem verlangsamten Knochenstoffwechsel. Dieser Prozess wird unter anderem vom Zug des Muskels am Knochen beeinflusst. Fällt der Reiz weg – etwa durch schwache Muskulatur oder Bewegungsmangel – kann es zu Osteoporose kommen.
Diagnostiziert wird diese Krankheit mit Hilfe von Röntgenstrahlen, die die Muskelmasse im Körper sichtbar machen oder durch Elektroden, über die der Hautwiderstand errechnet werden kann. Denn bei Sarkopenie wird das Muskelgewebe durch Binde- und Fettgewebe ersetzt. Einheitliche Kriterien, ab wann man von Sarkopenie spricht, gibt es bislang nicht. Je nach Definition sind fünf bis 13 Prozent aller 60- bis 70-jährigen Menschen davon betroffen. Bei den über 80-jährigen leidet sogar mehr als jeder Zweite darunter.
Dabei existieren relativ einfache Möglichkeiten, eine Sarkopenie zu behandeln. Schon mit ausreichender Bewegung und der richtigen Ernährung kann man den Verlauf wirksam stoppen. Bereits zweimal in der Woche eine Stunde Fitnesstraining führt zu erstaunlichen Resultaten. Der für den Aufbau von Muskelmasse notwendige Reiz durch Übungen mit Gewichten ist weitaus höher, als etwa beim Nordic Walking. Durch das Krafttraining werden vermehrt die Kraftwerke der Zellen, die sogenannten Mitochondrien, gebildet. Das wiederum führt dazu, dass die Dicke und die Zahl der Muskelfasern und damit auch die Muskelmasse zunehmen.
Eine weitere Möglichkeit: sensomotorisches Training. Bei dieser Methode geht es um das Zusammenspiel von Sinnesorganen (Rezeptoren) und Muskeln (Effektoren). Anders ausgedrückt: Neben den Kräftigungsübungen sollen die Patienten auch Körperhaltung und Gleichgewicht regulieren. Durch das Ausbalancieren verbessert sich die Ansteuerung der Muskeln über das Gehirn. Denn wurden die Muskeln lange zu wenig benutzt, hat sich nicht nur Muskelmasse abgebaut, sondern auch der Funktionskreislauf zwischen Muskeln und Gehirn verschlechtert. Noch intensiver wirkt das Vibrationstraining, bei dem der Patient auf einer schwingenden Platte steht. Durch die Bewegungen ziehen sich die Muskeln blitzschnell zusammen und lockern sich wieder – in wenigen Minuten mehrere tausend Mal. Der Effekt: Mehr Muskeln ohne große Mühe.
Mindestens genauso wichtig ist jedoch die richtige Ernährung. Gerade ältere Patienten sind oft mit notwendigen Nährstoffen unterversorgt, zum Beispiel mit Vitamin D. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen Sarkopenie und Vitamin D-Mangel gibt. Zudem sollten sich Betroffene eiweißreicher ernähren, da der Körper für den Muskelaufbau Proteine braucht.
Ein wirksames Medikament gegen Sarkopenie gibt es noch nicht. An der Berliner Charité untersuchen die Ärzte eine spezielle Mischung von Aminosäuren, die der Körper als Baustoffe für die Eiweißbildung braucht. Erste Ergebnisse dokumentieren, dass diese Aminosäuremischung das Muskelwachstum fördert. Weitere Studien sollen nun zeigen, ob diese Mixtur auch eine positive Wirkung bei Patienten mit Sarkopenie und Herzschwäche hat. Es werden noch weitere Teilnehmer für die Studie gesucht.
Filmbeitrag: Carola Welt
Infotext: Constanze Löffler